Wie man einen Staat nicht führt: sozial-ökologische Beschleunigung führte zum Zusammenbruch der Piasten im frühmittelalterlichen Europa

23. April 2025

Eine neue Studie in PNAS untersucht den Aufstieg und Fall der polnischen Piasten anhand historischer und ökologischer Daten und analysiert die Faktoren, die für die Entstehung und Nachhaltigkeit einer staatlich gelenkten sozial-ökologischen Intensivierung notwendig sind.

Ein Schlüssel, um die komplexen gesellschaftlichen und planetaren Herausforderungen zu bewältigen, ist das Verständnis darüber, wie sich menschliche Auswirkungen auf die Umwelt immer mehr beschleunigen. Zwar wird das komplexe Gefüge aus Politik, Umwelt und Gesellschaft klarer. Doch die Bedingungen, die notwendig für nachhaltige Ergebnisse wären, bleiben weitestgehend unerforscht.

Eine neue Studie untersucht nun die Beschleunigung sozial-ökologischer Veränderungen zur Zeit der Herrscherdynastie der Piasten, dem ersten Königreich Polens, und welche Faktoren zu ihrem Ende führten. Anhand neuer hochauflösender Pollensätze, sowie historischen und archäologischen Daten, enthüllt die Studie einen Zeitraum von schnellem ökologischem Wandel und starker Vermögenskonzentration, gefolgt von einer Periode der Renaturierung und dem Kollaps etablierter politischer Strukturen. Die Forschenden argumentieren, dass fehlender gesellschaftlicher Zusammenhalt die Piasten zu Fall brachte und dass nachhaltige politische Systeme ein Gleichgewicht zwischen Vermögensakkumulation und sozialer Verbundenheit benötigen.

Die Piastendynastie entstand im 10. Jahrhundert, begünstigt durch die Einfuhr von Silber, welches wahrscheinlich aus dem eurasischen Sklavenhandel stammte. Pollensätze aus vier unterschiedlichen Orten im Herrschaftsgebiet der Piasten zeigen, dass ihre Gründung mit einer schnellen Intensivierung der Landnutzung, Rodungen, verstärkten landwirtschaftlichen Aktivitäten, Bränden und dem Ausbau von Weideland einherging. Während sich das Territorium erweiterte, wuchs die Bevölkerung im Kernland stark an, was auf Zwangsumsiedlungen eroberter Gemeinden schließen lässt.

Die Pollendaten zeigen jedoch auch, dass weniger als ein Jahrhundert später, die landwirtschaftliche Aktivität zurückging und wilde Ökosysteme wieder zunahmen. Die Silbervorräte wurden zwar je nach Machtsitz verschoben, blieb aber weiterhin stark konzentriert. 1030, durch interne Konflikte und die Invasion des tschechischen Herrschers Bretislav I geschwächt, brach der Piastenstaat schließlich zusammen und verschwand wenigstens zeitweise von der politischen Landkarte Polens.

Um diesen schnellen Aufstieg und Fall des ersten polnischen Staates zu erklären, nutzten die Forschenden Erkenntnisse aus der Untersuchung komplexer Systeme. Die Entstehung der Piastendynastie beruhte auf einem Zyklus von Gewalt, Expansion und Abbau. Dieser Kreislauf wurde durch positive Rückkopplungen gespeist, die die Expansion des Staates weiter vorantrieben. Damit ein komplexes System wie ein Staat Stabilität erreichen kann, muss es aber auch einen Zyklus negativer Rückkopplungen geben, die das System zusammenhalten, das Wachstum verlangsamen und für ein Gleichgewicht sorgen.

„Trotz der Bestrebungen, eine christlich geprägte Hierarchie zu entwickeln, gelang es den Piasten nicht, die vereinenden Wirkungen von Religion auszunutzen“, so Adam Izdebski, Hauptautor der Studie.

Letztlich konnten die Piasten auf keine bereits bestehenden kulturellen, religiösen oder politischen Netzwerke zurückgreifen, mit denen sie ihr neues politisches System hätten stützen können. Aufgrund der unzureichenden Vernetzung, der Technologie und der Demografie konnten sie die von ihnen eingeleitete ökologische Intensivierung nicht aufrechterhalten. Dieser Mangel an verlässlichen Netzwerken erwies sich als fatale Belastung, die sich im raschen Zusammenbruch des ersten polnischen Staates widerspiegelte.

Wenn Gesellschaften die Herausforderungen des Anthropozäns meistern oder sich mit den Auswirkungen des staatlichen Expansionismus auseinandersetzen, wird die Widerstandsfähigkeit politischer Systeme immer wichtiger. Die aktuelle Studie zeigt, dass nachhaltige Staaten diejenigen sind, die die Ausbeutung ökologischer Ressourcen mit internen gesellschaftlichen Verbindungen in Einklang bringen.

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