FEDD – Forschungsgruppe
Fruits of Eurasia: Domestication and Dispersal (FEDD)
Viele der Früchte, Nüsse und Getreide auf unseren Tischen haben sich einst entlang der legendären Handelsrouten, die wir umgangssprachlich als Seidenstraße bezeichnen verbreitet. Mit der Erforschung der Pflanzen der Seidenstraße, studieren wir die Geschichte unserer Nahrung – die größten Artefakte der Seidenstraße sind in unseren Küchen zu finden.
Die FEDD Forschungsgruppe ist ein ERC-gefördertes Projekt, in dem Doktorand:innen, Postdocs und andere führende Forschende zusammenarbeiten, die daran interessiert sind wie die Nahrung, die wir heute essen zu dem wurde was sie jetzt ist. Das Team arbeitet eng mit der Forschungsgruppe Paläoökologie sowie der Forschungsgruppe für Domestizierung und anthropogene Evolution (DAE) zusammen.
Eines der am umstrittensten Themen, welches die Biologie und die Sozialwissenschaften miteinander verbindet, ist die Domestizierung von Pflanzen und Tieren, wobei sich ein Großteil dieses Diskurses auf eine ausgewählte Handvoll von Organismen konzentriert hat. Das von Robert Spengler geleitete Projekt „Früchte Eurasiens: Domestizierung und Verbreitung“ (FEDD - Fruits of Eurasia: Domestication and Dispersal) ermöglicht es ihm und seinem Team, den Schwerpunkt der Domestizierungsforschung auf Getreidepflanzen zu legen und mehrjährige Pflanzen, vor allem Obst- und Nussbäume, genauer zu untersuchen. Archäobotanische und genetische Studien zeigen, dass diese Pflanzen einen ganz anderen Weg zur Domestizierung beschritten haben und ihre frühe Kultivierung neue Konzepte von Landbesitz und landwirtschaftlichem Wissen darstellt.
Das FEDD-Team versucht, die Ursprünge einiger der bekanntesten Früchte aus unseren Küchen zu ermitteln und die Prozesse des evolutionären Wandels besser zu verstehen, die sich aus der Interaktion des Menschen mit diesen Pflanzen ergeben haben. Viele dieser Baumfrüchte haben ihren Ursprung in den Bergen Zentralasiens und sind mit den alten Handelsrouten der Seidenstraße verbunden. Daher werden Spengler und sein Team die Gebirgsausläufer Innerasiens erforschen und archäologische Stätten aus dem Späten Pleistozän bis zu den mongolischen Eroberungen untersuchen. Sie verwenden einen multidisziplinären Ansatz, um den alten Anbau und die spätere Domestizierung dieser Pflanzen zu ermitteln.
Letztendlich verfolgt das FEDD-Projekt zwei Ziele: 1) die Prozesse der kulinarischen und landwirtschaftlichen Entwicklung, die zur Entstehung der Küchen in Europa und Asien geführt haben, zusammenzufügen. In diesem Sinne ist das Verständnis, wann und wie sich bestimmte Pflanzen bewegt haben, entscheidend für das Verständnis der modernen Landwirtschaft, für die Erhaltung gefährdeter Stammvorkommen und für die Bildung kultureller Identitäten und 2) testet das Projekt Modelle für die Evolution unserer Baumkulturen, wobei es hypothetisch auf der Idee aufbaut, dass die Samenverbreitung entlang der Seidenstraße direkt zu den großfruchtigen Hybriden führte, die wir heute in unseren Lebensmittelgeschäften sehen.
Die Seidenstraße ist ein schwer zu fassendes Konzept für Archäolog:innen, Historiker:innen und eine Reihe von anderen Forschenden. Sie war nie eine klar zu erkennende Straße und hat keine feste Richtung. In prähistorischen Zeiten kann man sie sich am besten als einen Korridor der Ausbreitung vorstellen, in dem die Menschen nach und nach ihre Ideen über die Gebirgsausläufer verbreiteten. In historischen Zeiten kann man sich die Seidenstraße am besten als einen Prozess des zunehmenden Austauschs vorstellen, mit immer stabileren Marktzentren und weit entfernten Warenquellen. Auf diese Weise bildete sich bis vor zwei Jahrtausenden das größte Handelsnetz der antiken Welt heraus, das die unterschiedlichen Enden des riesigen eurasischen Superkontinents miteinander verband und so die imperialen Zentren Ost- und Südwestasiens miteinander verband.
Der organisierte Handel, einschließlich militärischer Außenposten und staatlicher Besteuerung, entlang der Seidenstraße geht auf die Han-Dynastie im zweiten Jahrhundert vor Christus zurück. Der Austausch von Waren, Ideen, kulturellen Praktiken und Genen durch die weiten Wüsten- und Gebirgslandschaften dieser Region geht jedoch mindestens auf das dritte Jahrtausend vor Christus zurück. Dieser Fluss kultureller Merkmale durch Zentralasien in den letzten viereinhalb Jahrtausenden war eine wichtige Triebkraft für die Entwicklung der Kulturen in der Alten Welt und prägte die Küchen rund um den Globus.
Mit der zunehmenden Anwendung moderner wissenschaftlicher Archäologie, insbesondere archäobotanischer Methoden, in Zentralasien in den letzten zehn Jahren wird die Bedeutung der Landwirtschaft für die früheren Völker des östlichen Zentralasiens immer deutlicher. Darüber hinaus hat die Ausbreitung bestimmter Kulturpflanzen und -sorten durch die Gebirgstäler Zentralasiens die landwirtschaftlichen Systeme in Europa und Asien direkt verändert, indem Kulturpflanzen wie Hirse in Europa und Weizen in China eingeführt wurden. Die archäobotanische Verfolgung des Weges, den die Pflanzen auf ihrer langen Reise durch Zentralasien zurückgelegt haben, hilft uns zu verstehen, wie diese Nahrungsmittel schließlich auf unseren heutigen Tellern landeten.
Das FEDD-Team verfolgt den Weg vieler bekannter Kulturpflanzen, insbesondere von Baumfrüchten, bei ihrer Verbreitung in der Alten Welt. Einige Beispiele für die Studien, an denen dieses Projektteam arbeitet, sind: wie und wann sich Äpfel von Zentralasien aus in Richtung China und Europa ausbreiteten; wann sich Pfirsiche und Aprikosen in der Alten Welt verbreiteten; und wann und von wo aus sich Melonen verbreiteten. Um diese Verbreitungsprozesse zu verstehen, arbeitet Dr. Spengler mit vielen der interessantesten archäologischen Ausgrabungen zusammen, die derzeit in ganz Zentralasien durchgeführt werden. Diese Projekte erstrecken sich geografisch von der Mongolei bis nach Pakistan und zeitlich vom späten Pleistozän bis zu den mongolischen Eroberungen. Die Verknüpfung von Textzeugnissen mit einem wachsenden archäobotanischen Datensatz ermöglicht es dem Team zu erforschen, wie die Seidenstraße die Art und Weise, wie wir essen, geprägt hat.
Verfolgen Sie die laufenden Forschungsarbeiten und aktuellen Veröffentlichungen unter: https://robertnspengler.com/
Zugehörige Publikationen:
- Spengler, R. N., III, Roberts, P., Boivin, N., & Petraglia, M. In Prep. Bearing Fruit: Miocene apes and apple evolution. Evolutionary Anthropology.
- Spengler, R. N., III. In Review. Anthropogenic Seed Dispersal: Rethinking the origins of plant domestication. Trends in Plant Science.
- Spengler, R. N., III, A. Ventresca Miller, T. Schmaus, G. Motuzaite-Matuzeviciute, B. K. Miller, S. Wilkin, W. Taylor, Y. Li, A. Harude, P. Roberts, & N. Boivin. In Press. An imagined past? Nomadic narratives in Central Eurasian Archaeology. Current Anthropology.
- Spengler, R. N., III. 2019a. Fruits from the Sands: The Silk Road origins of the food we eat. Berkeley: University of California Press.
- Spengler, R. N., III. 2019b. Origins of the Apple: The Role of Megafaunal Mutualism in the Domestication of Malus and Rosaceous Trees. Frontiers in Plant Science. 10(617):1-18.
- Spengler, R. N., III, A. Ventresca Miller, T. Schmaus, G. Motuzaite-Matuzeviciute, B. K. Miller, S. Wilkin, W. Taylor, Y. Li, A. Harude, P. Roberts, N. Boivin. In press. An imagined past? Nomadic narratives in Central Eurasian Archaeology. Current Anthropology.
- Spengler, R. N., III, & Mueller, N. 2019 Grazing Animals Drove Domestication of Grain Crops. Nature Plants. 5: 656–662.
- Spengler, R. N. III., Miller, N. F., Neef, R., Tourtellotte, P. A., & Chang, C. 2017. Linking agriculture and exchange to social developments of the Central Asian Iron Age. Journal of Anthropological Archaeology 48: 295–308.
- Spengler, R. N., III., de Nigris, I., Cerasetti, B., Carra, M., & Rouse, L. M. 2016a. The breadth of dietary economy in Bronze Age Central Asia: Case study from Adji Kui 1 in the Murghab region of Turkmenistan. Journal of Archaeological Science: Reports
- Spengler, R. N., III., Tarasov, P. E., & Wagner, M. 2016b. Introduction to the Special Issue: Introduction and intensification of agriculture in Central Eurasia and adjacent regions. Holocene 26(10): 1523–1526.