The Pan-African Evolution Project

Das Projekt Panafrikanische Evolution konzentriert sich auf das Verständnis der frühen Perioden der menschlichen Vorgeschichte und darauf, wie die frühe menschliche Gestaltung der Erde kaskadenartige Auswirkungen bis in die heutige Zeit hatte. Die Gruppe erforscht insbesondere drei Schlüsselthemen:

  • Die Entstehung und Ausdehnung der menschlichen Nische und ihre technologischen, gesellschaftlichen und ökologischen Rückkopplungen.
  • Ko-Evolution von Krankheit und Kultur.
  • Kulturelle und technologische Veränderungen in der Geschichte der Menschheit

Thema 1: Die Entstehung und Ausdehnung der menschlichen Nische

Es ist eine vorherrschende Ansicht, dass die Menschen seit ihrer Entwicklung in Afrika in relativem Einklang mit den Pflanzen und Tieren auf dem Kontinent lebten. Im Gegensatz dazu trafen die Menschen bei der Ausbreitung über Afrika hinaus auf neue Umgebungen und eine naive Fauna, die sie aggressiv ausbeuteten. Für das Tierreich wird angenommen, dass diese Ausbeutung zum Zusammenbruch vieler Arten von Megafauna führte, deren Aussterben weitreichende Auswirkungen auf die Resilienz der Ökosysteme hatte. Diese Sichtweise reduziert jedoch die Vielfalt der afrikanischen Ökosysteme auf vernachlässigbare Ebenen und basiert auf dem problematischen Narrativ des sogenannten "edlen Wilden". Während afrikanische Megafaunen nicht ausgestorben sind, wurde die Art und Weise, wie Menschen die Verteilung verschiedener Tiergemeinschaften beeinflusst haben, kaum erforscht – mit Auswirkungen auf den Naturschutz und die Umweltrestaurierung. Gleichzeitig zeigen paläoökologische Rekonstruktionen, dass viele scheinbar unberührte Vegetationskonstellationen heute tatsächlich ungewöhnlich, wenn nicht anomalistisch sind, was darauf hindeutet, dass menschliches Handeln im Spiel war. Die weit verbreitete landschaftliche Brandwirtschaft könnte bis zu etwa 90.000 Jahre zurückreichen und kleinen Jäger-und-Sammler-Populationen ermöglicht haben, Landschaften zu transformieren. Diese Ereignisse sind frühe Vorläufer von Verhaltensweisen, die letztendlich begannen die planetarischen Auswirkungen menschlichen Verhaltens zu katalysieren.

Die Forschungsgruppe Human Palaeosystems versucht, das Entstehen der menschlichen Nische und ihre Auswirkungen in Afrika auf verschiedene Weise zu verstehen. Wir verwenden einen ökologischen Nischenmodellansatz, um:

  • Paläoklimamodelle zu testen und zu verfeinern.
  • Zu verstehen, ob afrikanische Fauna, die dieselbe Nische wie Menschen teilen, in den letzten 120.000 Jahren beeinflusst wurden.
  • Veränderungen im menschlichen Nischenraum im Pleistozän zu rekonstruieren und Expansionen zu dokumentieren.

Darüber hinaus verwenden wir Paläoklimamodelle, um die Standorte möglicher menschlicher Refugien im Pleistozän zu erkunden, um einen panafrikanischen Rahmen für archäologische und paläoanthropologische Untersuchungen zu entwickeln. Gleichzeitig sind auch primäre Daten erforderlich, um diese Fragen anzugehen. Forschungen zeigen mittlerweile, dass der größte Teil des afrikanischen Kontinents an der Entstehung unserer Spezies, Homo sapiens, beteiligt ist. Dennoch bleiben weite Teile des Kontinents unerforscht. Daher konzentrieren wir uns auf Westafrika – eine bedeutende Kontinentalregion, für die fast keine Daten zur menschlichen Evolution und zur Ausweitung der menschlichen Nische vorliegen. Unser Team führt Feldforschungen in Benin, Nigeria, Guinea, Senegal und der Elfenbeinküste durch, um eine Datenbasis mit folgenden Schwerpunkten zu schaffen:

  • frühmenschlicher Fundplätze in Westafrika, die chronometrisch datiert sind, sowie Materialkultur und zugehörige Fauna.
  • Vorhandenseins von Fundplätzen in verschiedenen Ökosystemen (z.B. Regenwald).
  • paläoökologische Proxy-Daten, um den Klimakontext alter menschlicher Besiedlungen in dieser Region zu rekonstruieren, einschließlich des Verständnisses von Brandwirtschaft und Entwicklung derselben.
  • alte DNA und/oder alte Proteome zur Rekonstruktion von Veränderungen in der Abstammungsentwicklung und Bevölkerungsdynamik.

Durch die Kombination der gezielten Gewinnung von Primärdaten mit Modellierungsansätzen werden wir ein umfassendes Bild vom Entstehen unserer Spezies und den unmittelbaren Auswirkungen auf die Umwelt erstellen. Auf diese Weise werden wir ein besseres Verständnis dafür entwickeln, was unberührte Umgebungen in Afrika wirklich bedeuten, und die Rückkopplungen und Erbfolgen der Nischenausweitung auf menschliche Gesellschaften über lange Zeiträume hinweg identifizieren, mit Lehren für die Gegenwart – insbesondere für die Restaurierung von Ökosystemen.

Postdocs: Dr James Blinkhorn, Dr Alex Blackwood, Dr Lucy Timbrell, Dr Eslem Ben-Arous

Thema 2: Ko-Evolution von Krankheit und Natur

Eine bedeutende Auswirkung der Ausdehnung der menschlichen Nische sind die Wechselwirkungen mit der menschliche Gesundheit. Die Transformation der Umwelt durch Verbrennen, das Roden von Bäumen und die Anpassung an neue Biome muss auch im Zusammenhang mit der Veränderungen der Krankheitslast für Menschen verstanden werden. Bisher wird die Demografie der ersten Menschen nur sehr selten im Bezug zur Krankheitslast gesetzt und in der Regel nur durch Klimavariablen erklärt. Dennoch waren Krankheiten wie Malaria und andere tropische vektorübertragene Krankheiten schon lange vorhanden und dürften Veränderungen sowohl in der menschlichen Demografie als auch in der Kultur bewirkt haben. Die Auswirkungen neuer Krankheiten auf die menschliche Kultur und unsere Resilienz gegenüber Krankheiten sind durch die COVID-19-Pandemie zuletzt besonders deutlich geworden.

Wir entwickeln einen Malaria-Stabilitätsindex, um seine Beziehung zur Verteilung von Menschengruppen im pleistozänen Afrika und möglichen Auswirkungen auf Merkmale der materiellen Kultur (z. B. die Verwendung von Ocker, die Nutzung bestimmter Pflanzen etc.) zu erforschen. Die genetische Geschichte der Vektoren wird dann mithilfe dieser Daten simuliert, und Übereinstimmungen mit den tatsächlichen Daten werden untersucht, um das Verständnis der Auswirkungen von Krankheiten zu verfeinern.

Die so entwickelte Vorgehensweise soll in Zukunft auf eine Reihe weiterer tropischer Krankheiten angewendet werden, um die pleistozäne Krankheitslast auf Menschen und die potenziellen Auswirkungen auf  die menschlich-biokulturelle Evolution und die Ausweitung der menschlichen Nische und deren Wechselwirkungen untereinander zu kartieren.

Postdocs: Dr Margherita Colucci, Dr James Blinkhorn

Thema 3: Kulturelle und Technologische Veränderungen

Die Ursachen für die ersten Ausprägungen menschlicher Kultur und die Merkmale regionaler Identität und Kultur sind nur unzureichend bekannt. Dies liegt zum Teil daran, dass für Steinwerkzeuge, die für den Großteil der menschlichen Vorgeschichte die umfangreichste Quelle für Daten über menschliche Kultur und Verhalten sind, keine zuverlässigen und reproduzierbaren Analysemethoden zur Verfügung stehen. Wir entwickeln sowohl innovative und reproduzierbare Analysemethoden als auch große Datensätze von Steinwerkzeugen, um die Vielfalt der Steinwerkzeuge in Afrika im Laufe der Zeit zu erforschen und die Kovarianz zwischen Steinwerkzeugen und Klima, Ökologie, Tragfähigkeit, Bevölkerungsgröße, Dichte und anderen Faktoren zu verstehen. Wenn wir diese Zusammenhänge besser verstehen, werden wir in der Lage sein, die Beschleunigung (oder das Ausbleiben) des technologischen Wandels, die Reaktionen auf Schocks und die Grundlagen der Technosphäre zu rekonstruieren.

Postdocs: Dr Lucy Timbrell

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