LastJourney

Das interdisziplinäre, vom ERC finanzierte Projekt LastJourney untersucht die Besiedlung, Anpassungen und ökologischen Auswirkungen des Menschen im späten Pleistozän und frühen Holozän in den vielfältigen Landschaften des Nordwestens Südamerikas, um besser zu verstehen, wie unsere Spezies mit der reichen ökologischen Vielfalt des Kontinents interagierte und diese prägte.

Südamerika war der letzte bewohnbare Kontinent, der durch die Menschen besiedelt wurde. Der Nordwesten Südamerikas galt dabei als Korridor, der die Ausbreitung unserer Spezies erst möglich machte. Die ersten Siedler kamen mit den sehr unterschiedlichen Landschaften dieser Region in Kontakt, darunter Küsten, Savannen und Tiefland, dem Andenvorland und den tropischen Wäldern der Anden. Erschwerend kam hinzu, dass dieser Migrationsstrom während einer der bedeutensten klimatischen, ökologischen und existenziellen Umwälzungen der Menschheitsgeschichte stattfand: dem Übergang vom späten Pleistozän in das frühe Holozän. Ein Wandel, der maßgeblich zu dem weltweitern Aussterben der Megafauna (Late Quaternary Extinction (LQE)) führte, aber auch Pflanzen- und Tierdomestizierung förderte und zu der gegenwärtigen, besonders bemerkenswerten Vielfalt an indigenen Völker in Südamerika beitrug.

Trotz seiner geografischen Bedeutung und einer Fülle archäologischer und paläoökologischer Daten aus seinen vielfältigen Lebensräumen wurde der Nordwesten Südamerikas bisher nur oberflächlich untersucht, um die Prozesse der menschlichen Ausbreitung zu verstehen. Das Projekt LastJourney begegnet dieser Unausgewogenheit mit einem interdisziplinären Ansatz, der Archäologie, Archäobotanik, Zooarchäologie, Paläoklimatologie, Paläoökologie, alte Umwelt-DNA und am MPI-GEA Isotopengeochemie und Zooarchäologie mittels Massenspektrometrie (ZooMS) integriert, um gekoppelte Mensch-Megafauna- und Umweltsysteme zu erforschen.

Der Verlust von mehr als 80 % der großen Säugetierarten in Südamerika, der auf die LQE zurückgeführt wird, fällt zeitlich mit regionalen Klimaschwankungen sowie der Ankunft und Ausbreitung des Menschen in dieser Region während des zeitlichen Übergangs zusammen. Diese klimatischen Veränderungen werden für die Umwandlung der gemischten Paläoumwelt im Nordwesten verantwortlich gemacht, was wiederum die Vegetationsdynamik und die Lebensräume der Tiere veränderte und wahrscheinlich zum Massensterben der Megafauna beitrug. Allerdings gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass anthropogene Einflüsse (z. B. Jagd, Feuer und die Lebensraumfragmentierung) möglicherweise einen größeren Einfluss auf die Vegetation und die Megafauna-Populationen hatten als bisher angenommen. Die Ausrottung wichtiger Ökosystemingenieure wie des südamerikanischen Riesenfaultiers und des „elefantenähnlichen“ Gomphothere hätte wiederum grundlegende Auswirkungen auf die Bodenbedeckung, die Vegetationssukzession und den Nährstoffkreislauf gehabt. In Verbindung mit dem dramatischen Verlust der endemischen Megafauna wurden frühe menschliche Siedlungsstätten häufiger, mit Anzeichen für Sesshaftigkeit, Nutzung lokaler Pflanzen und Tiere sowie einer vielfältigen Nahrungsmittelproduktion und Ernährung.

Am MPI-GEA werden stabile Isotope (δ13C und δ18O), Strontiumisotope, ZooMS und Radiokarbonanalysen eingesetzt, um die frühere Ernährung, Umwelt, Mobilität und das Alter von Museums- und Ausgrabungsfunden von Tieren aus LP-EH-Fundstätten im Nordwesten Südamerikas zu bestimmen. Die Auswertung neuer Radiokarbondaten aus dem Projekt LastJourney trägt zur Chronologie der frühen menschlichen Migrationen bei und verfeinert die Aufzeichnungen über das gleichzeitige Vorkommen von Megafauna und sich verändernden Tierpopulationen im Nordwesten Südamerikas. Gleichzeitig ist die geochemische Analyse paläontologischer und archäologischer Materialien aus LP-EH-Fundstätten in Verbindung mit paläoökologischen Aufzeichnungen aus der weiteren Region von entscheidender Bedeutung, um die unterschiedliche Rolle des Menschen und des Klimawandels bei dem dramatischen Faunenwechsel zu untersuchen. Die Ergebnisse des LastJourney-Projekts sollen eine globale Vergleichsperspektive für die Erforschung der Geschichte der menschlichen Besiedlung, der Wechselwirkungen zwischen Jägern und Megafauna, der Domestizierung von Pflanzen und Tieren sowie der paläoökologischen Auswirkungen liefern.

Veröffentlichungen

Ziegler, M.; Robinson, M.; Aceituno, F. J.; Morcote-Ríos, G.; Becerra-Valdivia, L.; Carleton, W. C.; Iriarte, J.; Roberts, P.: Human dietary diversity in the Colombian Andes at the terminal Pleistocene-late Holocene sites Tequendama and Aguazuque. iScience 28 (1), 111624 (2025)
Robinson, M.; Hampson, J.; Osborn, J.; Aceituno, F. J.; Morcote-Ríos, G.; Ziegler, M.; Iriarte, J.: Animals of the Serranía de la Lindosa: Exploring representation and categorisation in the rock art and zooarchaeological remains of the Colombian Amazon. Journal of Anthropological Archaeology 75, 101613 (2024)
Ramirez, V.M., Cruz, F.W., Vuille, M., Novello, V.F., Stríkis, N.M., Cheng, H., Zhang, H.W. Bernal, J.P., Du, W.J., Amuero, A., Deininger, M., Chiessi, C.M., Tejedor, E., Campos, J.L., Ait Brahim, Y., and Edwards, R.L.
Summer Insolation Controlled Movements of Intertropical Convergence Zone during Last Glacial Cycle in Northern South America.
Communications Earth & Environment 4, no. 1 (2023): 1–8.
Iriate, J.; Aceituno, F. J.; Robinson, M.; Morcote-Ríos, G.; Ziegler, M.: The painted forest: rock art and archaeology in the Colombian Amazon. University of Exeter, Exeter (2022), 112 S.
Iriarte, J.; Ziegler, M.; Outram, A. K.; Robinson, M.; Roberts, P.; Aceituno, F. J.; Morcote-Ríos, G.; Keesey, T. M.: Ice Age megafauna rock art in the Colombian Amazon? Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Series B: Biological Sciences 377 (1849), 20200496, S. 1 - 11 (2022)
Robinson, M.; Morcote-Rios, G.; Aceituno, F. J.; Roberts, P.; Berrío, J. C.; Iriarte, J.: ‘Moving South’: Late Pleistocene plant exploitation and the importance of palm in the Colombian Amazon. Quaternary 4 (3), 26, S. 1 - 21 (2021)
Morcote-Ríos, G., Aceituno, F.J., Iriarte, J., Robinson, M. and Chaparro-Cárdenas, J.L.
Colonisation and early peopling of the Colombian Amazon during the Late Pleistocene and the Early Holocene: New evidence from La Serranía La Lindosa
Quaternary International. 578, pp. 5–19 (2021)
Aceituno, F.J., Morcote-Ríos, G., J. Iriarte, M. Robinson.
Colombian Amazon: The Millenary History of Serranía la Lindosa painted on its walls
in L.O. Sunnocks, J. Cooper, and M. Miranda (Eds.), Mapping a New Museum: Politics and Practice of Latin American Research with the British Museum. Rutledge Publishing. 2021.

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